Bayern

Kurzinterview

Über die Angebote zum Thema Medienbildung, die Schülermedientage zum Tag der Pressefreiheit und Ziele berichten Uta Löhrer und Adrian Schilde von der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit (BLZ).

Welche interessanten Angebote zum Thema Informations- und Nachrichtenkompetenz gibt es in Ihrem Bundesland? Wie steht es um das Thema Medienbildung in Ihrem Bundesland?

Adrian Schilde: In Bayern gibt es verschiedene Angebote und Initiativen zum Thema Informations- und Nachrichtenkompetenz sowie zur politischen Medienbildung. Diese richten sich an unterschiedliche Zielgruppen, darunter  Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, Eltern und die allgemeine Öffentlichkeit. Politische Medienbildung ist als wichtiger Bestandteil der schulischen und außerschulischen Bildung anerkannt. Die bayerische Staatsregierung hat in den letzten Jahren verstärkt Anstrengungen unternommen, um die Medienkompetenz der Bevölkerung zu fördern. Dazu gehören u.a. die Verzahnung von Medienbildung in den Lehrplänen, die Bereitstellung von Fortbildungen für Lehrkräfte und die Unterstützung von medienpädagogischen Projekten. Als besonderes Projekt in Bayern gelten die Schülermedientage, die seit 2019 in Kooperation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit mit zahlreichen regionalen und überregionalen Medienhäusern stattfinden, darunter viele Tageszeitungsverlage, der Bayerische Rundfunk, die Süddeutsche Zeitung und andere. 
Sie haben das Ziel, Schülerinnen und Schüler aus ganz Bayern direkt mit Medienexpertinnen und Medienexperten ins Gespräch zu bringen. Besonders im Fokus steht die wichtige Aufgabe einer faktenbasierten Berichterstattung, um demokratiefeindlichen Aussagen und Manipulation entgegenzuwirken. Begonnen hat alles mit einem Veranstaltungstag, an dem Journalistinnen und Journalisten sich vor Ort in den Schulen den Fragen der Schulklassen stellten. Inzwischen ist daraus eine einwöchige Veranstaltungsreihe mit 15 Webtalks geworden, die von der Mediaschool Bayern in die Schulen gestreamt wird. Das Besondere dabei: Schülerinnen und Schüler können ihre Fragen live ins Studio schicken und so am Gespräch unmittelbar teilnehmen.

Zum fünfjährigen Jubiläum 2024 diskutierten über 900 Schulklassen, d.h. insgesamt ca. 22.500 Schülerinnen und Schüler mit namhaften Journalistinnen und Journalisten über Themen wie das Persönlichkeitsrecht in den Medien oder auch den Meinungskampf auf Social Media. Flankiert wird das digitale Programm der Schülermedientage durch Besuche von Journalistinnen und Journalisten an Schulen, um unter anderem über die Bedeutung der Pressefreiheit sowie die Arbeit mit Medien zu berichten.

Was machen Sie im Rahmen von Journalismus macht Schule in Ihrem Bundesland?

Adrian Schilde: Im Rahmen der Schülermedientage bietet auch die Initiative Journalismus macht Schule jährlich Unterrichtsbesuche an. Viele Journalistinnen und Journalisten informieren bei diesen Besuchen die Schülerinnen und Schüler über ihre Recherchen und ihr Handwerk, unter anderem zeigen sie wie man ansprechende Texte verfasst, Videos dreht und podcastet. Daneben geben die Medienexpertinnen und -experten einen Einblick in das Presserecht oder erläutern die Bedeutung von Plattformen wie YouTube und Instagram. Übergeordnetes Ziel der Unterrichtsbesuche ist die Vermittlung eines besseren Verständnisses für den Journalismus und die Medienlandschaft.

2024 besuchten Helene Reiner (BR/ARD) und Frederik Obermaier (papertrail media) für Journalismus macht Schule Schülerinnen und Schüler in München.

Warum ist (Ihnen) das Thema wichtig?

Uta Löhrer: Unsere Gesellschaft durchläuft eine Phase tiefgreifender Umbrüche, angetrieben durch die allumfassende Digitalisierung. Das Bedürfnis nach Orientierung ist immens: Welche Auswirkungen haben diese globalen Veränderungen auf unser tägliches Leben, den sozialen Zusammenhalt und die politische Landschaft?

Insbesondere die Rolle digitaler Medien in politischen Diskursen, der öffentlichen Meinungsbildung und der Demokratie wird hierbei immer wieder neu definiert. Das Internet eröffnet eine Vielzahl politischer Informations- und Partizipationsmöglichkeiten. Journalistische Medien stehen vor der Herausforderung, ihre Bedeutung in politischen Diskussionen zu behaupten. Plattformen wie Twitter, TikTok und Telegram haben die politische Debattenkultur grundlegend verändert und neue Herausforderungen wie Hassrede, Desinformation und Polarisierung politischer Debatten aufgeworfen.

Die Zentralen für politische Bildung haben die Aufgabe, die Ambivalenz des Medienwandels und der Digitalisierung zu beleuchten und Orientierung zu bieten. In dieser Zeit des Wandels spielen sie eine entscheidende Rolle dabei, digitale Innovationen aufzugreifen, politische Medienbildungsangebote zu entwickeln und die Bürgerinnen und Bürger für die neuen Bedingungen politischer Informiertheit, Meinungsbildung und Partizipation zu sensibilisieren. Das übergeordnete Ziel bleibt dabei unverändert: Bürgerinnen und Bürger dazu befähigen, als politisch mündige Mitglieder der Gesellschaft aktiv zu partizipieren.

Was würden Sie sich für die Zukunft wünschen?

Uta Löhrer: Politische Medienbildung braucht zusätzliche Ressourcen. Etablierte Träger wie die Zentralen politischer Bildung und ihre Partner können Experimentierräume politischer Medienbildung schaffen, Fachwissen bündeln sowie Netzwerke aufbauen. Es ist wichtig, die gemeinsamen Potenziale weiterzuentwickeln und Allianzen zu schmieden, insbesondere für eine kritisch-konstruktive Auseinandersetzung mit der Digitalisierung. Dabei sollte der Fokus auf das Politische gerichtet sein und sowohl gesetzgeberische Prozesse als auch gesellschaftliche Dimensionen umfassen.

Digitalisierung als gesellschaftlicher Umbruch betrifft alle Bevölkerungsgruppen. Daher sollten die Angebote der politischen Medienbildung im Sinne der Idee des lebenslangen Lernens alle Menschen zielgruppengerecht ansprechen. Gerade im Bereich der Europabildung und der globalen Bildung sind die Chancen digitaler Formate noch längst nicht erschöpft. Virtuelle Formate können Menschen über Ländergrenzen hinweg in den Diskurs bringen.

Das Verständnis des digitalen Wandels als gesellschaftlich und politisch gestaltbaren Prozess bleibt auch in Zukunft zentral, damit die politische Medienbildung sowohl Chancen als auch Risiken ausgewogen thematisieren kann.

Welche Pläne gibt es in Ihrem Bundesland das Thema Informations- und Nachrichtenkompetenz auszubauen?

Uta Löhrer: Die Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit plant u.a. eine stärkere Fokussierung auf Werteorientierung & Selbstwirksamkeit im vorpolitischen Raum: Was bedeutet es heute für Menschen, sich zu informieren? Wie kann ich mir selbst ein Bild machen? Welche Wertebasis gibt es im Netz? Wie erreiche ich meine (politischen) Ziele? Was halte ich populistischen Inhalten und lauten Stimmen entgegen? Wie gehe ich mit Hass und Hetze im Netz um?

Ziele sind dabei sowohl Nachrichten- und Nutzungskompetenz als auch die Stärkung von Teilhabe und Partizipation.

Rückblick

Schülermedientage 2024

Seit 2019 finden die Schülermedientage als Kooperation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit mit zahlreichen regionalen und überregionalen Medienhäusern – darunter viele Tageszeitungsverlage, der Bayerische Rundfunk u.a. – statt. Sie haben das Ziel, Schüler:innen aus ganz Bayern direkt mit Medienexpert:innen ins Gespräch zu bringen. Im Fokus steht dabei die wichtige Aufgabe des Journalismus, faktenbasiert zu berichten, das Geschehen einzuordnen sowie demokratiefeindliche Aussagen und Manipulation aufzudecken.

Anlässlich des internationalen Tags der Pressefreiheit fanden in der Woche vor dem 3. Mai 2024 die Schülermedientage statt. Vom 29. April bis 3. Mai 2024 standn in ca. 15 Webtalks die Expert:innen aus den Medienhäusern Schüler:innen Rede und Antwort. Die Talks wurden live aus der Mediaschool Bayern gestreamt.

Lehrkräfte konnten die Talks sowohl live ins Klassenzimmer streamen als auch gegebenenfalls mit ihren Schüler:innen im Distanzunterricht besuchen. Mithilfe eines digitalen Tools konnten Fragen der Schulklasse an die Journalist:innen live während der Veranstaltung gestellt werden. 

Hier geht’s zum Stundenplan als PDF.[/caption]

Fortbildung für Lehrkräfte

Im Vorfeld der Schülermedientage fand am 25. April 2024 eine Fortbildung für Lehrkräfte zum Thema „Sprechen in Bilder: Memes zwischen Spaß und Politik“ statt. Die Fortbildung informierte über aktuell kursierende politische Memes, erklärte die Funktionslogik und das Wirkpotenzial von Memes und bot Tipps und Hilfestellungen, wie Memes für politische Bildung im Unterricht eingesetzt werden können. 

Unterrichtsbesuche während der Schülermedientage

Im Rahmen der Schülermedientage boten diverse Medienhäuser wieder Unterrichts- oder Redaktionsbesuche vom 29. April bis 3. Mai 2024 in ganz Bayern an. Teilnehmende hatten die Möglichkeit, einen Unterrichts- / Redaktionsbesuch in der Woche der Schülermedientage zu buchen.

Alle Informationen zum Schülermedientag und zu den Veranstaltungen und den Angeboten in Bayern finden Sie auf der Website der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildung: Schülermedientage 2024

Ganzjähriges Angebot

Eine Auswahl an Medienkompetenzprojekten und weiterführenden Informationen zum Thema „Journalismus an Schulen“ finden Sie unter den folgenden Adressen:

Die Bayerische Landeszentrale für neue Medien gibt eine Übersicht der Aktivitäten und Medienkompetenzprojekte: https://www.blm.de/-aktivitaeten/medienkompetenz/projekte.cfm

Der Bayerische Rundfunk bietet eine Übersicht über die Medienkompetenzprojekte der Landesrundfunkanstalt.

Die Nachrichten- und Informationskompetenzangebote der bayerischen Medien für Schülerinnen und Schüler hat der Verband der bayerischen Zeitungsverleger zusammengefasst: https://www.vbzv.de/-bildungsprojekt/medienprojekt/

Die Stiftung Medienpädagogik initiiert und koordiniert Projekte zur Medienkompetenz: https://www.stiftung-medienpaedagogik-bayern.de/?MAIN_ID=16

Zur Stärkung der Medienkompetenz in allen Altersgruppen gibt es den Medienführerschein
https://www.medienfuehrerschein.bayern

Auch die „Eltern im Netz“ geben einen Überblick über Medienkompetenzprojekte: 
https://www.elternimnetz.de/kinder/
erziehungsfragen/medien/medien-informationsseiten-weiterfuehrende-links.php

Kontakt

Uta Löhrer
Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit (BLZ)
E-Mail: Uta.Loehrer@blz.bayern.de

Judith Schönicke
Bayerischer Rundfunk
E-Mail: Judith.Schoenicke@br.de

Anke Staller
Verband Bayerischer Zeitungsverleger
E-Mail: Staller@vbzv.de