Hamburg

Tag der Pressefreiheit 2024

Zum diesjährigen Tag der Pressefreiheit haben wir mit Giovanni di Lorenzo, Linda Zervakis und Damla Hekimoğlu auch in Hamburg wieder prominente Unterstützung für die Schulbesuche. Sie bereichern die Aktion rund um den Tag der Pressefreiheit mit Werkstattgesprächen an drei Schulen in Hamburg.

Die Journalist:innen werden sich dort live mit den Schüler:innen über ihre Arbeit, deren Herausforderungen und über aktuelle Fragestellungen  austauschen.

Kurzinterview

Prof. Dr. Volker Lilienthal, Geschäftsführer der Gesellschaft für Medienkultur und Qualitätsjournalismus, fasst die Angebote aus Hamburg hier zusammen:

Welche interessanten Angebote zum Thema Informations- und Nachrichtenkompetenz gibt es in Ihrem Bundesland? Wie steht es um das Thema Medienbildung in Ihrem Bundesland?

In Hamburg kümmern sich schon eine Menge Einrichtungen und Aktive um die Medienbildung junger Menschen. Zu nennen ist hier etwas der Bürger:innensender TIDE mit seinen Angebote TIDE.akademie, SchnappFisch, MedienScouts, dem ElternMedienLotsen und den medienpädagogischen Workshops unter dem Titel FAMM. Weiter das Mediennetz Hamburg e. V. und der NDR mit einfach.Medien. Die Schulbehörde des Landes fördert digitale Medienprojekte jedes Jahr mit 300.000 Euro. Auch das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) ist hier engagiert. Der Jugendmedienschutz und in diesem Sinne auch die Förderung der Medienkompetenz ist eine gesetzliche Aufgabe der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein.

Was machen Sie im Rahmen von Journalismus macht Schule in Ihrem Bundesland?

Seit 2021 vermitteln wir regelmäßig Schulbesuche von Journalist:innen. Diese stellen sich bei ihren Klassenbesuchen den Fragen der Schüler:innen und bringen auch eigenen Input mit, z. B. wie eine sorgfältige Recherche abläuft und wie man Fake News erkennen und sich dagegen schützen kann. Die Vermittlung beginnt immer mit der Anfrage einer Lehrkraft: Haben Sie jemanden für uns? Am besten, man sagt uns, in welches Fach oder Unterrichtsfach das passen soll, welches Thema besprochen wird. Dann kümmern wir uns um das Matching, als um die Suche nach einer Journalistin, einem Journalisten, welcher ideal zu dem schulischen Anliegen passt.

Dieses Angebot, das von vier Stiftungen möglich gemacht wird, machen wir das ganze Jahr über. Aber wir engagieren uns natürlich ganz besonders zum Tag der Pressefreiheit am 3. Mai. Im Jahr 2023 haben wir in Hamburg ein Bildungs-Event angeboten, an dem rund 200 Schüler:innen teilnahmen. Der Claim des Tages: „Clever recherchieren: Wir lassen uns nicht manipulieren!“ Ab dem 3. Mai und dann bis zu den Sommerferien kooperieren wir übrigens auch mit dem Landesbeauftragten für politische Bildung in Schleswig-Holstein. Auch für dieses Bundesland gilt unser Angebot.

Warum ist (Ihnen) das Thema wichtig? Was würden Sie sich für die Zukunft wünschen?

Medien sind etwas Wunderbares. Sie bereichern unser Leben, helfen bei der lebensweltlichen Orientierung, sie unterhalten uns und informieren uns über all das, was für in Politik und Gesellschaft nicht auf Anhieb verstehen. Ein Leben in der Moderne ist ohne Medien nicht vorstellbar. Die Demokratie braucht gute Medien. Aber das Angebot ist eben auch so ungeheuer komplex, dass wir alle uns in diesem Dschungel erst mal zurechtfinden müssen. Auch, um gefährliche und dunkle Ecken zu meiden. Dafür braucht es Medienkompetenz. Zu deren Entwicklung wollen wir einen kleinen Beitrag leisten.

Für die Zukunft wünsche ich mir, dass Medienkompetenz ein eigenständiges Schulfach wird. Das ist es nämlich auch in Hamburg derzeit noch nicht. Sondern eine Querschnittsaufgabe in all den anderen Fächern, die aber oft zeitlich einfach zu kurz kommt oder gar stiefmütterlich behandelt wird. Medien prägen unser Leben, sie bestimmen unsere Weltwahrnehmung, und leider gibt es neben den seriösen Medienangebote auch viele schädliche. Mit beidem gut umgehen zu können ist wichtig für die Alltagskompetenz und ganz besonders die politische Meinungsbildung junger Menschen.

GANZJÄHRIGES ANGEBOT IN HAMBURG

Schulen und Lehrkräfte, die im Unterricht das Berufsbild und Selbstverständnis von Journalist:innen sowie die Bedeutung des Journalismus für die freie Gesellschaft diskutieren lassen wollen, können sich an die «Gesellschaft für Medienkultur und Qualitätsjournalismus» wenden. 

Sie vermittelt geeignete Journalistinnen und Journalisten an Gymnasien, Stadtteilschulen und Grundschulen. Zu einem frei zu vereinbarenden Termin kommen die Journalistinnen und Journalisten (in der Regel für eine Doppelstunde) in den Unterricht und sprechen mit den Schülerinnen und Schülern über Journalismus und Medien, gerne auch über benachbarte Themen wie Social Media, Cybermobbing, Hassrede im Internet und Verschwörungslegenden. Journalismus als Beruf kann dabei ebenso thematisiert werden wie die Finanzierung von Medien und die Frage von Abhängigkeiten.

Inhaltlich lassen sich diese Besuche besonders gut in den Deutsch- und Politikunterricht einbinden. Auch im Rahmen von Projekttagen, Berufsinformationsveranstaltungen und Schülerzeitungs-AGs gibt es viele Anknüpfungspunkte, die die Lehrkräfte in Absprache mit den Journalist:innen und Journalisten selbst gestalten können.

Interessierte Lehrerinnen und Lehrer sowie Journalistinnen und Journalisten, die Schulen besuchen möchten, benutzen unser Formular zur Schulbörse oder wenden sich an die rechts unter «Kontakt» angegebene Mailadresse.

Eine Auswahl an weiteren Medienkompetenzprojekten und weiterführenden Informationen zum Thema „Journalismus an Schulen“ finden Sie unter den folgenden Adressen:

Das NDR Medienkompetenz-Portal  „NDR einfach.Medien“ bietet Lehrenden Unterrichtsmaterial, neue Unterrichtsmethoden, Erklärclips „einfach.Erklärt“ und ein Glossar zu allem rund um Social Media, Web und Journalismus. Zudem bietet das Team Workshops und Web-Talks an und organisiert einen Podcast-Wettbewerb. Über alle Neuigkeiten informiert ein Newsletter.

Lie Detectors bietet Schulklassen in Hamburg Workshops zu den Themen Desinformation und Nachrichtenkompetenz an und vermittelt Journalist:innen an Schulen.

Mit scout gibt die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein ein Magazin zum Thema Medienkompetenz heraus. Auf der Website werden auch aktuelle Projekte und Informationen bereit gestellt.

Veranstaltungen, Tipps und weiterführende Informationen gibt es auf der Website des Mediennetzes Hamburg.

Der Hamburger Medienpass unterstützt Lehrerinnen und Lehrer beim Unterricht zu Themen der Digitalisierung und informiert Eltern über Materialien und Kontakten zu Institutionen.

Einen Überblick, welche Organisationen in Hamburg Referierende zum Thema Medienkompetenz vermitteln, gibt es auf klicksafe.

SchnappFisch: Bei der Jugendredaktion des Bürgersenders TIDE können Jugendliche in ihrer Freizeit oder in einem Schulworkshop mitarbeiten und eigene Beiträge für das TV oder Radio gestalten. 

FAMM ist offen für Kooperationen mit der Offenen Kinder- und Jugendarbeit in Hamburgs Jugendhäuser, Spielhäuser, Jugendclubs und alle, die in ihren Einrichtungen ein medienpädagogisches Angebot machen wollen. Ziele unserer Kooperation sind die Förderung digitaler Medienerziehung für wohnräumlich benachteiligte Kinder und Jugendliche und der Ausbau medienpädagogischer Expertise für Fach- und Führungskräfte der Offenen Kinder- und Jugendarbeit.

MedienScouts (ab Klassenstufe 7) erwerben ihr Wissen in einem mehrtägigen Training und entwickeln mit Hilfe begleitender Lehrkräfte Workshops, die sie in den Klassenstufen 5 bis 7 an ihrer Schule durchführen. Die Maßnahme basiert auf dem Peer-to-Peer-Prinzip. Die MedienScouts aus dem 7.-9. Jahrgang sind dann ausgebildete Schüler: innen mit Kenntnissen in Sachen digitale Medien. Sie geben jüngeren Schüler: innen aus dem 5. – 6. Jahrgang, Workshops zu aktuellen Medien-Themen.

ElternMedienLotse richtet sich an alle Eltern, deren Kinder 3 bis 12 Jahre alt sind und an Kitas, Grundschulen und Unterstufen.

Tag der Pressefreiheit 2023

Wie wir uns vor Manipulation schützen

Ein Bildungsevent für Schüler:innen am Tag der Pressefreiheit – 3. Mai 2023

Ob gefährliche Verschwörungserzählungen über Corona oder gezielte Desinformationskampagnen zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine: Fake News fluten unsere Informationskanäle und stellen unsere Gesellschaft vor große Herausforderungen. Nie war es wichtiger, dass Schüler:innen den selbstbewussten und kritischen Umgang mit Medien und den sozialen Netzwerken lernen.

Ziel des Events war es, Schüler:innen in ihrer Medien- und Nachrichtenkompetenz zu stärken. Die unterschiedlichen Themenschwerpunkte des Stundenplans vermittelten u.a. handfestes Know-How im Umgang mit Desinformation. Das Angebot richtet sich insbesondere an Schulklassen ab der Jahrgangsstufe 11. Die Schüler:innen sind aktiv aufgefordert, sich mit Fragen und Wortbeiträgen zu beteiligen. Dabei ging es um Fragen wie diese: Was sind seriöse Quellen und was nicht? Ist Tiktok eine Fake-News-Schleuder? Wie und warum entsteht politisch motivierte Desinformation und wie entlarve ich sie? Können künstliche Intelligenzen wie Chat GPT journalistisches Recherchieren ersetzen? Wie arbeiten Kriegsreporter:innen? Die Klimakrise schreitet voran – wie engagiert darf der Klimajournalismus sein?

Folgende Themen wurden angeboten:

Wir starten mit interaktiven Umfragen und bilden somit eine Wissensgrundlage für das Programm des Tages. Warum ist es wichtig für eine Demokratie, dass Journalist:innen unabhängig berichten können? Mit welchen Herausforderungen sehen sie sich konfrontiert und welche Rolle spielen Desinformationen und Algorithmen dabei?

Die NDR Filmemacher:innen Mariam Noori und Sulaiman Tadmory berichten über Radikalität und Terror. Sie sind da, wo das Leben vieler Menschen in Trümmern liegt. Noori ist in Afghanistan geboren, Tadmory in Syrien, und war von Scharfschützen der syrischen Armee belagert. Wie bleiben sie objektiv, obwohl sie durch ihre eigene Geschichte persönlich involviert sind? Welche Risiken nehmen sie für ihre Arbeit in Kauf? Wie begegnen sie Menschen auf Augenhöhe und welche Rolle spielen Vorurteile? Noori und Tadmory zeigen Ausschnitte aus ihren Filmen, erzählen von sorgfältig geplanten Reise- und Sicherheitsvorkehrungen. Zudem geben sie Einblicke in ihre Reportertätigkeit vor Ort. Gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern diskutieren sie über besondere Herausforderungen und darüber, warum es trotz aller Gefahren wichtig ist, aus Krisengebieten zu berichten.

Fake or no fake? Ob über Corona, Migration oder den Ukraine-Krieg: Viele sogenannte Fake News lassen sich für geübte Augen auf den ersten Blick als Desinformation erkennen. Moritz Dickentmann, Teamleiter des stern- Verikationsteams, erklärt anhand anschaulicher Beispiele, mit welchem Handwerk sich Nachrichten auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen lassen. Florian Saul aus dem stern-Videoteam ergänzt mit seinem Wissen rund um gefälschtes Bild- und Videomaterial. Was ist ein Deepfake-Video? Welche Hinweise lassen sich aus dem Impressum ableiten? Und welche Rolle spielt der Kontext? Den Schülerinnen und Schülern werden handfeste Recherche-Werkzeuge vermittelt, mit denen sie sich und andere gegen Manipulationsversuche schützen können.

Die Zeit drängt – die Klimakrise schreitet mehr und mehr voran. Die Folgen für Mensch und Natur sind gravierend, und doch werden Aktivist:innen in Teilen der Presse di­ffamiert. Wir blicken auf den Status Quo: Wie berichten Journalist:innen über die Klimakrise und mit welchem Selbstverständnis tun sie das? Welche Rolle spielt die eigene Haltung und das sogenannte Framing? Louisa Schneider, auf Instagram folgen ihr knapp 37.000 Menschen, ist sowohl Journalistin als auch Klimaaktivistin – geht das überhaupt? Stefan Schmitt ist Redakteur im Wissen-Ressort der ZEIT und berichtet seit vielen Jahren über Klimaforschung und Klimaschutz. Gemeinsam diskutieren wir darüber, welche Sprache Medien für die Klimakrise brauchen und welche Rolle Lobbyinteressen innerhalb dieses gesellschaftspolitischen Konfliktfeldes spielen. Von wegen “Klimawandel gibt es nicht”.

Soziale Medien funktionieren mit Algorithmen. Diese Programme entscheiden, was dir angezeigt wird. Und weil Hass und Lügen besonders viele Reaktionen hervorrufen, pusht der Algorithmus diese Inhalte: Auch in deine Timeline! Immer mehr Populisten und Autokraten nutzen soziale Plattformen, um in westlichen Demokratien Gesellschaften zu spalten und somit Wahlen zu beeinflussen. Die Filmemacherinnen Stella Peters und Svea Eckert erklären, welchen Einfluss soziale Medien auf deine Meinungsbildung haben können – und welche Interessen die Social-Media-Konzerne verfolgen. Und sie rekonstruieren die politischen Fälle, in denen Facebook zu einem Instrument übler Machenschaften wurde. Dazu bieten die Journalistinnen anschauliche Einblicke in ihre Arbeit und die Recherche für ihre ARD-Doku: „Die Machtmaschine”. Wie entsteht so ein investigativer Film?  Was ist ein Whistleblower und wie geht man als Journalist:in mit ihnen um?

Auch auf TikTok gibt es immer mehr News-Content. Aber nicht alles davon stimmt. Anna Albrecht ist Presenterin bei der tagesschau und gibt Tipps, woran sie seriöse Nachrichten erkennt. Sie erklärt, warum die tagesschau nicht jede Breaking News schnellstmöglich weiterverbreitet, sondern manchmal erst abwarten muss. Und warum manche Videos dann am Ende gar nicht bei allen im For-You-Feed auftauchen. Die ARD-Journalistin gibt Einblicke in den Redaktionsalltag und berichtet, wie TikToks bei der tagesschau entstehen.

Russische Propaganda oder gezielte Stimmungsmache gegen Migrant:innen: Was versteht man unter politisch motivierten Desinformationskampagnen und wie erkenne ich sie? Die Investigativjournalist:innen Ann-Katrin Müller und Maik Baumgärtner berichten über antidemokratische Bewegungen, decken auf, was stimmt und was nicht. Beispiele aus ihrem Redaktionsalltag machen deutlich, wie groß der Versuch der Einflussnahme auf die ö­ffentliche Meinung ist. Außerdem erzählen die SPIEGEL-Redakteur:innen von Angriff­en auf ihre Person und zeigen damit, wie die politisch motivierte Desinformation auch zur Gefahr für die Pressefreiheit wird. Gemeinsam wollen wir ein Verständnis dafür scha­ffen, welche digitalen und persönlichen Mauern wir brauchen, um uns vor Manipulation zu schützen.

Die Veranstaltung fand im Centralkomitee, Steindamm 45, 20099 Hamburg statt, beginnt um 9.00 Uhr und endet um 17:30 Uhr statt.

Das Bildungsevent wurde veranstaltet von JmS Hamburg | Schleswig-Holstein, einem Projekt der Gesellschaft für Medienkultur und Qualitätsjournalismus gem. UG, und gefördert von der Otto Brenner Stiftung.

Kerstin Schröter, Medienpädagogin am LI und Vorstandsmitglied von Journalismus macht Schule e. V., bietet teilnehmenden Lehrer:innen am 13. April ein einstündiges Vorbereitungsseminar an. Lehrkräfte, die am Event teilnehmen, können ein Fortbildungszertifikat des LI erhalten.

Kontakt

Sandra Riedel
E-Mail: info@journalismusmachtschule.org